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Die große historische Leistung des Wiener Kongresses war die Schaffung eines Systems zwischenstaatlicher Friedenswahrung und Konfliktregelung in Europa, das nach den territorialpolitischen Erschütterungen der napoleonischen Zeit für mehrere Jahrzehnte Bestand hatte. Damit verbunden war ein fundamentaler, qualitativer Wechsel im Stil der internationalen Politik, zu dem sich alle „Player“ bekannten: die Überwindung der Fixierung rein auf einzelstaatliche Interessen zugunsten der Verpflichtung auf eine funktionierende europäische Sicherheitsordnung mit planbaren Spielregeln für Mediation und Konfliktmanagement.
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Die Botschafterkonferenzen
und Kongresse seit 1814 waren erste konkrete Bausteine für eine solche
Sicherheitsordnung. Im „Europäischen Mächtekonzert“ des 19. Jahrhunderts
mit seiner kompliziert ausbalancierten Mechanik von Einflusssphären nahm
der österreichische Kaiserstaat unter der diplomatischen Regie
Metternichs aufgrund seiner territorialen Interessen in Richtung
deutscher Staatenwelt, Italien sowie Balkan eine zentrale Rolle ein.
Während die Entwicklung der europäischen Staatenordnung vom Krimkrieg
bis zum Ausbruch der großen Balkankrise 1875, an deren Ende der letzte
europäische Mächte-Kongress in Berlin 1878 steht, gut erforscht ist,
fehlt nach wie vor eine moderne, angemessene und leicht zugängliche
Dokumentation für die europapolitisch zentral wichtige „Wiener Ordnung“
von 1815 und für ihre Entfaltung in der „Kongresspolitik“ der
1820er-Jahre, die der systematischen, internationalen und
gesamteuropäischen Dimension dieser Ordnung Rechnung tragen würde.
Es scheint also überfällig
und lohnend zugleich, sich mit einem neuen Editionsprojekt dem
Funktionieren der europäischen Mächtepolitik 1814/15 - 1825 zuzuwenden,
und zwar zunächst aus der bislang ganz unterbelichteten Perspektive des
Wiener Hofs heraus. Dies sichert gleichzeitig einen praktikablen und im
beantragten Zeitrahmen abzuarbeitenden Auftakt für ein mögliches
Langfrist-Projekt zum Thema „Das Europäische System des Wiener
Kongresses“. Konkretes Ziel ist ein substantieller Dokumentationsband,
der auf der Basis archivalischer Originale in Wien Schlüsseldokumente
zum Inhalt wie zu den Verfahrensweisen des europäischen Systems im
Zeichen der „Wiener Ordnung“ zugänglich macht und durch die Beigabe
deutschsprachiger Regesten weitum konsultierbar sowie im akademischen
Unterricht einsetzbar ist. Ausgewertet sollen dafür im Österreichischen
Staatsarchiv – Haus-, Hof- und Staatsarchiv Wien aus der Bestandsgruppe
„Staatskanzlei“ die „Kongressakten“ (46 Faszikel) und „Vorträge“ (37
Kartons) werden.
Damit soll vor allem ein
konkreter, weithin sichtbarer Schritt getan werden, um in Hinblick auf
die 200jährige Wiederkehr des Wiener Kongresses 2014/15 österreichische
und von Österreich aus initiierte Forschungen einzubringen in das neue
Interesse an einer systematisch erforschten „Internationalen Geschichte“
des „langen“ 19. Jahrhunderts. |
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